Angemessener versus notwendiger Selbstbehalt

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    • Angemessener versus notwendiger Selbstbehalt

      Die Mutter meiner drei Kinder (10,13,15 Jahre) hat Ende letzten Jahres den Unterhaltstitel an das Jugendamt (JA) abgegeben. Ich habe jetzt einige Monate gekämpft, dass ich den angemessenen Unterhalt vom JA angerechnet bekommen habe.
      Dies ging nur über den Weg meines Anwaltes, da die Mitarbeiter:innen vom JA meist "nur" Verwaltungsangestellte sind und ohne spezifische Ausbildung in juristischen Bereichen sind -sehr zum Leidwesen von den Unterhaltspflichtigen. Am Telefon hat mir anfangs die Mitarbeiterin vom JA mitgeteilt, das trotz vorliegendem Brief meines Anwaltes, für mich sogar nicht mal der notwendige Selbstbehalt gilt, da für Unterhaltspflichtige andere Gesetze gelten!! Mich hat sprichwörtlich der Schlag getroffen und ich konnte zwei Tage das Haus nicht verlassen, weil ich so niedergeschlagen war. Die JA-Bearbeiterin hat glücklicherweise das Schreiben meines Anwaltes juristisch prüfen lassen, so dass mir nicht nur der notwendige Selbstbehalt zugesprochen wurde, sondern sogar der Angemessene, weil die Mutter meiner Kinder dementsprechend gut verdient.
      Fazit: im Zweifel unbedingt einen Anwalt einschalten, weil man ansonsten ggf. jahre-, wenn nicht sogar jahrzehntelang viel/zu viel bezahlt. Das lohnt in jedem Fall!!
    • In den Leitlinien findet sich folgendes:


      12.3. Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel
      keinen Barunterhalt zu leisten (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB). Etwas anderes kann
      gelten, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils das des anderen
      erheblich übersteigt oder wenn der eigene angemessene Selbstbehalt des an
      sich allein barunterhaltspflichtigen Elternteils gefährdet ist, der des betreuen-
      den Elternteils dagegen nicht und ohne dessen Beteiligung am Barunterhalt
      ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde
      (§ 1603 Abs. 2 S. 3 BGB; BGH, FamRZ 2013, 1558).
      Was ich schreibe, ist keine Rechtsberatung, ich bin nur ein interessierter Laie.
    • Hallo in die Runde,

      trotz entsprechendem Vortrag muss das JA sich nicht daran halten.
      Als Unterhaltspflichtiger ist man ggf. auch für diese Behauptung voll beweispflichtig.
      Und genau da fängt das Problem an: wenn man frisch getrennt ist, hat man ja vielleicht noch Kenntnisse und Unterlagen über die Einkunftssituation des ehemaligen Partners.
      Anders sieht das aus, wenn schon einige Monate oder gar Jahre ins Land gegangen sind.
      Im Zweifelsfall muss man dann erst ein Auskunftsverfahren gegen den anderen Elternteil anstrengen. Und den sehen die Gerichte nicht gern, manche verneinen die Auskunftspflicht nach 1605 i.V.m. 242 ja sogar bei Volljährigen.
      Wir hatten aus einem anderen Verfahren ein paar (alte) Gehaltsnachweise der KM vorliegen, dennoch hat der erste Richter sogar die 2. Stufe der DDT beschlossen und im Beschluss lapidar kund getan, dass mein Mann ein höheres EK der KM behauptete, er aber für diese Behauptung beweispflichtig genlieben sei (der hätte mal in der Akte zurück blättern sollen...)
      2. Instanz sah das anders und hat abgeändert.

      Und das JA hat sich ohnehin wieder entblödet - Antwort der Bearbeiterin bei meinem Anruf: sie glaube nicht, dass die KM ihr Einkommen offen legen müsse.
      (Der war offensichtlich nicht mal die Richtlinie des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum UVG zum angemessenen SB bei deutlich höherem EK des Betreuenden bekannt...)

      Jaja, es könnte alles so einfach sein....

      Gruß Tanja
    • Ich bin nach 2.5 Jahren Familienrecht in der Praxis nur noch fassungslos. Das Familienrecht ist für den/ die Betreuenden ein El Dorado um sich finanziell zu übervorteilen und sich emotional zu rächen. Gesetze und Rechtssprechungen werden aus Ideologie, Desinteresse und Faulheit ignoriert. Während der nicht betreuende Elternteil mit Vorliebe drangsaliert und zu faulen Kompromissen gedrängt wird, besteht in Richtung des anderen Elternteils eine komplette Beisshemmung. Das Gericht und seine Anordnungen werden letztlich verhöhnt und das Gericht ist nicht willens sich durchzusetzen.
      nur ein extremes Beispiel. Seit zwei Jahren warte ich auf Auskünfte der Mutter. Das Gericht hat Fristen gesetzt, Zwangsgeld angedroht, gemahnt. Es ist weiterhin nichts passiert. Ich habe auf Einkünfte aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung hingewiesen. Ich wurde zum Beweis aufgefordert. Wie soll ich das beweisen?! Nur durch einen dummen Fehler der Mutter ist es herausgekommen, dass es stimmt. Sonst wäre es nicht berücksichtigt worden. Das Jugendamt will den Wohnvorteil bei der Mutter nicht berücksichtigen, weil fiktive Einkünfte beim Unterhalt nicht berücksichtigt werden. Die Hypothekenbelastung wiederum ziehen sie vom Einkommen ab.
      man möchte schreien und alle schütteln.
    • Bigpuster schrieb:

      Das Jugendamt will den Wohnvorteil bei der Mutter nicht berücksichtigen, weil fiktive Einkünfte beim Unterhalt nicht berücksichtigt werden. Die Hypothekenbelastung wiederum ziehen sie vom Einkommen ab.
      Moin,

      weise das JA darauf hin, dass der Wohnwert keine fiktive Einkommensart darstellt, sondern nach gefestigter Rechtssprechung "wirtschaftliche Nutzung des Vermögens".
      Wenn das JA die damit zusammen hängenden Belastungen abzieht, ist denklogisch der damit zusammenhängende Nutzungsvorteil zu berücksichtigen.
      Siehe Punkt 5. der Hefam-Seite

      Im Übrigen würde ich süffisant nachfragen, ob diese "Nichtanrechnung von fiktiven Einkommen" nur Müttern zuteil wird.

      Gruß Tanja
    • Guten Morgen!
      Habe ich. Antwort : Nur weil mir etwas nicht passt und nicht die Summe bei der Mutter zusammenkommt, die ich mir wünsche, brauche ich ihnen nicht ihre Arbeit erklären.
      Meine Altervorsorge in Höhe von 4% vom Brutto wollen sie nicht anerkennen, weil ich als Beamter schon gut versorgt sei.
      Ich habe langsam den Überblick über die laufenden Klageverfahren verloren. Scheidung, Zugewinn, Trennungsunterhalt, Auskunftsverfahren, Nutzungsentschädigung, Mindestunterhalt im vereinfachten Verfahren. Familienrecht als Goldgrube für Anwälte.
      Würden sich alle einfach mal an die einfachsten Grundsätze halten……aber es könnte so einfach sein.
    • Hi nochmal,

      da würde ich vermutlich zurück schreiben: und nur weil Ihnen nicht passt, dass ausnahmsweise mal eine Geschlechtsgenossin (auch) barunterhaltspflichtig sei, müsse man in der Behörde sich nicht über gefestigte Rechtsprechung hinwegsetzen.
      Natürlich auch in cc an den nächst höheren Vorgesetzten.
      Und weiterhin darauf bestehen, dass nach eben dieser gefestigten Rechtsprechung auch Beamte über die Pensionsansprüche hinaus eigene Altersvorsorge betreiben dürfen, die abzugsfähig sei.
      Dass man das doch sicher wisse, ansonsten bietet ja der AG sicherlich auch Fortbildungen an.
      Ach, wie ich das JA und deren fähigen MA doch schätze.
      Ich habe der UV-Stelle nach Volljährigkeit des Kindes ja auch noch mal die Rechtslage ab 18 schriftlich erklärt...

      Du hast einfach zu viele Kampfplätze, ich glaube, das habe ich schon mal erwähnt, gell?
      Wofür braucht Du die Berechnung des JA?

      Tanja
    • Würde meine Gattin wenigstens einen Teil der Nutzungsentschädigung für das Haus anerkennen und zahlen oder der Trennungsunterhalt berechnet werden können, könnte ich zumindest den Mindestunterhalt zahlen und ein Großteil der Verfahren wäre erledigt. Es liegt nicht in meiner Hand. Also klar, ich könnte im Pappkarton leben und alles abgeben, dann wäre vielleicht Ruhe. Schon auch mein Fehler