Leistungsfähigkeit Studenten

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    • Leistungsfähigkeit Studenten

      Hallo zusammen,

      folgender Fall: KV ist Student und beruft sich auf eine Leisungsunfähigkeit. Er ist im Vollzeitstudium zwei Semester über der Regelstudienzeit und zum Staatsexamen angemeldet und zugelassen. Unterhalt wird gar nicht gezahlt - nicht einmal der Mindestunterhalt. Ein Titel existiert nicht.

      Der KV verdient neben dem Studium ca. 600 Euro pro Monat und arbeitet dafür 60 Stunden im Monat. Rücklagen sind keine vorhanden. Allerdings hat der KV bereits eine Ausbildung abgeschlossen. Der KV beruft sich allerdings darauf, dass diese Ausbildung neun Jahre alt und damit auf dem Arbeitsmarkt wertlos ist. Zu Beginn des Studiums hatte er noch kein Kind.

      Das Kind lebt bei der Mutter und ist 1,5 Jahre alt. Die Mutter ist ebenfalls Studentin.

      Das Jugendamt (Beistandschaft) will nun gegen den KV klagen. Gefordert wurden bisher 145 Euro (Unterhaltsvorschuss). Dafür solle der KV mehr arbeiten. JA prüft, ob die Klage bereits bei Beginn auf den Mindestunterhalt gesetzt werden soll.

      Meine Fragen daher:
      - Ist der Erfolg einer solchen Klage realistisch?
      - Ist die Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht vorhanden?
      - Wer zahlt die Gerichtskosten/Anwaltskosten, wenn der Vater gewinnt?
      - Muss die KM dem Verfahren zustimmen? Welche Konsequenz hat das für sie?
      - Muss/sollte/darf die Mutter einen Anwalt zu Rate nehmen?

      Sollten noch weitere Auskünfte nötig sein, um eine Antwort zu geben, bitte ich um kurze Rückinformation.

      Danke schon mal für die Antwort & mfG

      C. Mahler
    • mahlerc schrieb:

      Ist der Erfolg einer solchen Klage realistisch?
      - Ist die Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht vorhanden?
      - Wer zahlt die Gerichtskosten/Anwaltskosten, wenn der Vater gewinnt?
      - Muss die KM dem Verfahren zustimmen? Welche Konsequenz hat das für sie?
      - Muss/sollte/darf die Mutter einen Anwalt zu Rate nehmen?


      Hallo C. Mahler,

      der KV hat als Student einen pauschalen Eigen-Bedarf von 735 €, der durch seinen Job nicht gedeckt ist. Gegenüber dem Kind hat er einen Selbstbehalt von 880 € als Nicht-Erwerbstätiger und 1080 € als Erwerbstätiger. So oder so hat er nicht genug Geld, um den Mindestunterhalt zu zahlen.

      Die Frage ist also, ob man ihn zwingen kann, noch mehr zu arbeiten, um zumindest den U-Vorschuss (zurück)zahlen zu können.
      Ich würde dem JA gegenüber argumentieren, dass die Überschreitung der Regelstudienzeit schon jetzt jobbedingt ist und sich der Abschluss mit der Aufnahme weiterer Jobs weiter verzögert. Als Akademiker wird er dem Kind mit großer Wahrscheinlichkeit mehr als den Mindestunterhalt zahlen können, sodass hier jede Verzögerung des Abschlusses nicht im Interesse des Kindes liegt.
      Vielleicht hilft dir hier auch folgendes Urteil vom 25.11.10: OLG Zweibrücken 6 UF 72/10.

      Wenn und solange das JA die Beistandschaft hat, vertritt es die unterhaltsrechtlichen Belange des Kindes, und die KM hat hier ihre "Rechte" sozusagen an das JA abgegeben. Das JA vertritt dann im Falle einer Klage das Kind vor Gericht. Will die KM damit einen RA beauftragen, muss sie zuvor die Beistandschaft kündigen.

      Zur Frage der Kosten und der Zustimmung der KM siehe hier: Unterhalt/ Klage/ Beistandsschaft/ Anwaltszwang/ Kosten

      Ich wurde während des Studiums von der Zahlungspflicht befreit und musste den Vorschuss auch nicht zurückzahlen.


      Gruß, HT

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Hochtief ()

    • Hochtief schrieb:

      Vielleicht hilft dir hier auch folgendes Urteil vom 25.11.10: OLG Zweibrücken 6 UF 72/10.

      mahlerc schrieb:

      Allerdings hat der KV bereits eine Ausbildung abgeschlossen. Der KV beruft sich allerdings darauf, dass diese Ausbildung neun Jahre alt und damit auf dem Arbeitsmarkt wertlos ist. Zu Beginn des Studiums hatte er noch kein Kind.

      Moin,

      der wesentliche Unterschied bei diesen beiden Fällen liegt darin, dass das OLG Zweibrücken über einen Fall zu entscheiden hatte, bei dem der Vater noch nicht über eine abgeschlossene Erstausbildung verfügte.

      Die Beistandschaft sollte im konkreten Fall über einen VKH-Antrag prüfen lassen, wie das zuständige Gericht die Erfolgsaussichten sieht. Die Mutter könnte sich zusätzlich von einem Anwalt beraten, aber nicht vertreten lassen. Vielleicht ist Beistand so nett und ermöglicht es der Mutter aufgrund der besonderen Schwierigkeit des Falles Beratungshilfe zu erlangen, damit die zusätzliche Beratung des Anwalts auf diesem Wege ermöglicht wird.
    • Hallo Clint,

      mir ist klar, dass die Fälle nicht identisch sind. Dennoch halte ich das Urteil bzgl. der Argumentation gegenüber dem JA für hilfreich:

      "Ist das Recht des unterhaltspflichtigen Elternteils auf Ausbildung betroffen, genießt nämlich das Recht eines Kindes auf Unterhalt keineswegs uneingeschränkten Vorrang, auch wenn dadurch der Unterhaltsanspruch eingeschränkt oder zeitweise ausgeschlossen wird. Das gilt insbesondere, wenn es darum geht, erstmals eine abgeschlossene Berufsausbildung zu erlangen. Denn die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den er grundsätzlich vorrangig befriedigen darf. Im Rahmen der hierzu im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung aller Interessen ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Erwerb einer abgeschlossenen Berufsausbildung den Unterhaltspflichtigen in die Lage versetzen wird, den Kindesunterhalt dauerhaft und in betragsmäßig deutlich größerem Umfang zu sichern als dies durch eine Erwerbstätigkeit als ungelernte Kraft möglich ist."

      Daraus leite ich ab:
      1. Man kann nicht unreflektiert das Recht des Kindes über alles stellen.
      2. Die Interessen des Kindes können gerade darin liegen, das Ende des Studiums zu unterstützen.
      3. Ob das Studium eine logische Fortsetzung der Ausbildung ist und damit evtl. als Teil einer Gesamtausbildung zu sehen ist, wissen wir nicht, aber: Der KV hat das Studium nicht begonnen, um seine Leistungsfähigkeit zu verhindern, sondern war zum Zeitpunkt der Zeugung längst Student, sodass man hier sicherlich keinen Vorsatz oder Ähnliches unterstellen kann.

      Da der KV außerdem schon zum Examen angemeldet und zugelassen ist, das Ende des Studiums also absehbar ist, wäre eine tatsächliche Klage des JA hier in meinen Augen ohne jedes Augenmaß.

      Und was ich gar nicht verstehe:
      Der KV verdient 600 €, liegt also, Erwerbspflicht vorausgesetzt, 480 € unter dem SB. Will das Ja mind. 145 € haben, muss er 1225 € verdienen (bereinigt!), beim Mindestunterhalt (335 € - 95 € = 240 €) sogar 1320 €, also mehr als doppelt so viel wie jetzt. Und das in der Examensphase????

      GRuß, HT

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Hochtief ()

    • Hi HT,

      vielleicht informiert C. Mahler noch darüber, welche Erstausbildung der KV seit wann hat und warum diese auf dem Arbeitsmarkt lt. KV "wertlos" sein soll. Wäre ein Kind schon vor dem Studium geboren, hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit den Mindestunterhalt weiter zahlen müssen (unter Anrechnung fiktiver Einkünfte). Was studiert er eigentlich?

      Hochtief schrieb:

      Ich wurde während des Studiums von der Zahlungspflicht befreit und musste den Vorschuss auch nicht zurückzahlen.

      Dann war das sicherlich die Erstausbildung!?
    • Hi Clint,

      der KV hat als Erstausbildung "Automobilkaufmann" gelernt. Diese Ausbildung ist neun Jahre alt und daher auf dem Arbeitsmarkt wertlos.

      Das Kind ist im 10. Semester geboren und er studiert Lehramt. Also gibt es daher keinen direkten sachlichen Zusammenhang zwischen Ausbildung und Studium.

      Mit freundlichen Grüßen

      C. Mahler