Unterhalt volljähriges Kind / Mutter in Teilzeit

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    • Unterhalt volljähriges Kind / Mutter in Teilzeit

      Hallo,

      meine Tochter wird demnächst 18 und hat bisher bei der Mutter gewohnt. Ich habe seit 15 Jahren fleißig Unterhalt und noch einiges mehr (Klamotten, Taschengeld etc.) bezahlt.
      Jetzt ist meine Tochter, nach monatelangen, heftigsten Streit mit ihrer Mutter, zu ihrem Freund gezogen und wird zum Wintersemester anfangen zu Studieren. Dann hat sie einen Unterhaltsanspruch von 735€.
      Ihre Mutter arbeitet in Teilzeit und verdient netto ca. 1.250€ (ist weniger als der Selbstbehalt von 1.300€). Es gibt keine besonderen Grund in Teilzeit zu arbeiten. Ist aber so schön bequem. :cursing:

      Meine Frage: Muss meine, nicht wieder verheiratete Ex-Frau aufgrund ihres geringen Teilzeitverdienstes keinen (Bar)unterhalt an meine studierende Tochter zahlen, oder wird ihr Einkommen fiktiv auf Vollzeit hochgerechnet? ?(

      Danke für Eure Hilfe,

      Harald
    • Hallo Harald,

      Zunächst ist doch erstmal zu prüfen ob der Tochter BAFöG gezahlt wird, und wie hoch dieses ausfällt?

      Vom Bedarf 745€ , wird das volle BAFöG abgezogen ( auch der Darlehnsanteil) so wie das volle Kindergeld.

      im Internet gibst es BAFöG-Rechner.

      lg
      edy
      Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe........
    • Hallo Endloszahler,

      schöner Name... ;)

      Du liegst richtig, wenn es keinen triftigen Grund für die Teilzeit gibt (Gesundheit, kleine Kinder, ...), dann kann man mit einem fiktiven Einkommen rechnen. Unterhaltsüflicht bedeutet immer: Vollzeit, auch wenn nun keine gesteigerte Erwerbspflicht mehr vorliegt und deshlab viele meinen, das sei nicht so.

      Gruß, HT
    • Moin HT,

      ist Dir eine OLG-Entscheidung bekannt, die bei der Berechnung des Unterhalts für ein nicht mehr privilegiertes volljähriges Kind aufgrund Teilzeittätigkeit eines Elternteils fiktive Einkünfte berücksichtigt?

      Oder stammt die Info wieder vom eigenen Anwalt?
    • Hallo Hexe,


      es geht im Urteil auch um die Frage des Volljährigenunterhalts:

      "Das Berufungsgericht hat den Unterhalt der beiden volljährigen Töchter allein nach dem Einkommen des Klägers bestimmt und das der Beklagten zugerechnete Einkommen als bloß fiktives Einkommen außer Acht gelassen. Die Revision bringt dagegen im Ausgangspunkt allerdings zu Recht vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Einkommens auch die Beteiligung der Beklagten am Unterhalt der volljährigen Kinder zur Folge hat (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), soweit sich insgesamt ein den angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB übersteigendes Einkommen ergibt. Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaftung entfällt."

      Es hänge davon ab, inwieweit die Mutter sich gegenüber den Kindern eine Pflichtverletzung habe zukommen lassen und inwieweit der bisher allein Barunterhaltspflichtige sie freigestellt habe:
      "Soweit der Kläger - wie es offenbar der Fall ist - den Kindesunterhalt seit Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder geleistet hat, ohne die Beklagte in Rückgriff nehmen zu wollen, dürfte eine zumindest stillschweigende Freistellungsabrede der Parteien vorliegen."

      Gruß, HT
    • Hi HT,

      ich bin hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit (insbesondere bei der gesteigerten) nach wie vor Deiner Meinung, habe aber immer noch keine wirklich verwertbare Gerichtsentscheidung entdeckt, die direkt beim Unterhalt nicht mehr privilegierter Kinder tatsächlich fiktive Einkünfte berücksichtigt. Im Gegenteil, ich bin auf einen Beschluss des OLG Köln gestoßen, der unter Hinweis auf Dein ergoogeltes BGH-Urteil das Kind nicht auf fiktive Einkünfte der Mutter verweist. Nicht einmal für die Zeit der Privilegierung.

      OLG Köln, 16.03.2011 - 14 WF 20/11 schrieb:

      Es trifft zwar zu, dass die Mutter der Antragstellerin gemäß § 1606 III 1 BGB grundsätzlich neben dem Antragsgegner für den Unterhalt der Antragstellerin haftet. Aufgrund ihrer tatsächlich erzielten Einkünfte ist die Mutter der Antragstellerin jedoch zu Unterhaltszahlungen nicht in der Lage, was auch das Amtsgericht nicht in Zweifel zieht. Soweit es meint, insoweit seien auch der Kindesmutter fiktiv zuzurechnende Einkünfte zu berücksichtigen, hält der Senat dies nicht für zutreffend. Das Amtsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.7.2008 – XII ZR 126/06 – veröffentlicht u.a. in FamRZ 2008, 2104 ff. . Diese Entscheidung scheint in der Tat auf den ersten Blick die Auffassung des Amtsgerichts zu stützen.

      ...

      Dabei ist aber zu beachten, dass Gegenstand dieser Entscheidung nicht Kindesunterhalt, sondern die Bemessung von Ehegattenunterhalt und der Unterhalt der volljährigen Kinder lediglich Vorfrage bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts war. Das Berufungsgericht hatte der Ehefrau (Beklagte und Unterhaltsgläubigerin) im Rahmen der Prüfung ihrer Bedürftigkeit fiktive Einkünfte von monatlich 1.300,00 € zugerechnet. Diese Zurechnung musste dann – so die Entscheidung des BGH – auch bei der Ermittlung der Haftungsanteile nach § 1606 III 1 BGB beibehalten werden.

      Der BGH hat zwar anklingen lassen, dass seine Ausführungen auch gelten sollen, wenn es „primär um die Feststellung des Volljährigenunterhalts geht“, gleichwohl gibt die Entscheidung auch insoweit für den vorliegenden Fall nichts her. Sie besagt nämlich nur, dass der auf Unterhalt für ein volljähriges Kind in Anspruch genommene Elternteil sich bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit unter Umständen fiktives Einkommen entgegenhalten lassen muss. Darum geht es hier aber nicht. Vorliegend ist vielmehr die Frage zu entscheiden, ob das volljährige Kind, wenn es einen Elternteil auf Unterhalt in Anspruch nehmen will, bei der Darlegung der Haftungsanteile nach § 1606 III 1 BGB auch zu eventuellen fiktiven Einkünften des anderen (!) Elternteils Stellung nehmen muss. Diese Frage ist zu verneinen. Das Unterhalt fordernde Kind hat zwar die Darlegungs- und Beweislast für den Umfang der Haftungsanteile und damit für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Elternteile, auf fiktive Einkünfte des nicht in Anspruch genommenen Elternteils braucht sich das Kind aber nicht verweisen zu lassen (vgl. Wendl/Staudigl[Klinkhammer], Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, Rdn. 440 und 451 zu § 2; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl. 2011, Rdn. 20 zu § 1606; OLG Braunschweig, Urteil vom 10.11.2009 – 2 UF 73/08 – Leitsatz 1, dokumentiert bei juris).

      Und in einem späteren Beschluss hat ein anderer Senat selbst beim Unterhalt eines privilegierten volljährigen Kindes auch keine fiktiven Einkünfte der Mutter berücksichtigt:

      OLG Köln, 30.07.2012 - 4 UF 49/12 schrieb:

      Der Einwand des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin, die Mutter der Antragsgegnerin könne bei gehöriger Anstrengung ein höheres Einkommen erzielen, geht gegenüber der Antragsgegnerin ins Leere. Diese ist nicht verpflichtet, gegenüber ihrer Mutter einen Unterhaltsprozess mit dem Einwand zu führen, die Mutter könne bei gehöriger Anstrengung ein höheres Erwerbseinkommen erzielen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Mutter wohnt und es ihr nicht zuzumuten ist, über die von der Mutter erhaltenen Auskünfte hinaus, diese in einem größeren Umfang als von dieser zugestanden in Anspruch zu nehmen.

      Es erscheint schon fraglich, ob die Mutter mehr als die ihr zugerechneten 1.025,49 € verdienen kann, entspricht dies doch einem Bruttoverdienst von rd. 1.500,00 €. Von daher kommt es auch nicht auf die Streitfrage an, ob sich der Unterhaltsberechtigte fiktives Einkommen seines mitbarunterhaltspflichtigen anderen Elternteils anrechnen lassen muss. Denn jedenfalls für die Zeit bis November 2011 ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin ausreichend zur eingeschränkten Leistungsfähigkeit ihrer Mutter vorgetragen hat.

      Der Senat bleibt im Übrigen bei seiner Auffassung, dass das volljährige Kind seiner Darlegungslast zur Berechnung des auf den beklagten Elternteil entfallenden Anteils an der Barunterhaltslast genügt, wenn es dartut, dass es das, was ihm nach der Sachlage möglich und zumutbar war, getan hat, um den Haftungsanteil des anderen Ehegatten zu ermitteln. Auf eine lediglich fiktive Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils (wegen Verletzung einer Erwerbsobliegenheit) braucht es sich nicht verweisen zu lassen (so auch OLG Frankfurt FamRZ 1993, 231-232).

      Auf solche nur hypothetischen, aber nicht wirklich vorhandenen Arbeitseinkünfte kann die Antragsgegnerin nicht Zugriff nehmen und hiervon nicht leben. Die Gleichsetzung von realen mit fiktiven Einkünften im Unterhaltsverhältnis rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass der unter Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit handelnde Unterhaltsgläubiger oder Schuldner sich so behandeln lassen muss, als erziele er die ihm möglichen Einkünfte wirklich. Hier handelt es sich aber nicht um eine Obliegenheitsverletzung des unterhaltsberechtigten Beteiligten, sondern eines Dritten, dessen Verhalten ihm nicht zurechenbar ist. Insoweit greift der Rechtsgedanke aus § 1607 Abs. 2 BGB Platz, wonach an Stelle eines Unterhaltsschuldners, gegen den der Unterhaltsanspruch nicht realisiert werden kann, der nach ihm Haftende eintreten muss, jedoch mit der Möglichkeit, gegen den anderen Unterhaltspflichtigen Regress zu nehmen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 91, 971, 973). Diese Frage kann aber lediglich im Verhältnis zwischen den Eltern Bedeutung gewinnen, ist für das vorliegende Abänderungsverfahren indessen nicht erheblich. Dabei spielt es auch eine Rolle, dass die Mutter der Antragsgegnerin Unterkunft und Verpflegung gewährt und somit auch zur Bedarfsdeckung mit beiträgt, die nicht voll durch den Antragsteller gewährleistet wird. Er zahlt gerade nicht den Mindestunterhalt, der als Mindestbedarf der Antragsgegnerin zu gelten hat. Von daher erscheint es auch weder gerechtfertigt noch zumutbar, die Antragsgegnerin auf eine weiteren Prozess gegen ihre Mutter zu verweisen (so OLG Frankfurt a.a.O.) oder ihr einen Wohnvorteil als teilweise bedarfsdeckend anzurechnen.

      Es scheint demnach wohl nur über den sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruch (Regress) eine Möglichkeit zu geben. :rolleyes:

      Nun mag ich mich aber nicht mehr tiefer mit dieser Problematik beschäftigen, zumal ich selbst davon gar nicht betroffen bin. Vielleicht könnte man das Thema in einem zukünftigen ISUV-Report mal von einem Fachanwalt kommentieren lassen, denn solche Fälle werden im Forum mit steigender Tendenz angesprochen. Und das noch häufiger im Forum behandelte Thema "Was muss ein bisher allein Barunterhaltspflichtiger bei (oder kurz vor) Eintritt der Volljährigkeit seines Kindes beachten, wenn ein unbefristeter Titel besteht?" sollte gleich mit geklärt werden. 8)