Presseerklärung 37 2013 - Familiengerichtstag 2013: Steigende Bedeutung des Wechselmodells, aber noch offene juristische und psychosoziale Fragen

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    • Presseerklärung 37 2013 - Familiengerichtstag 2013: Steigende Bedeutung des Wechselmodells, aber noch offene juristische und psychosoziale Fragen

      Beim diesjährigen Familiengerichtstag in Brühl gab es einen Arbeitskreis (AK) zum Thema Umgang nach Trennung und Scheidung im Rahmen eines Wechselmodells. Der Arbeitskreis stand unter Leitung von Prof. Dr. Hildegund Sünderhauf. Die Teilnehmer des AK einigten sich auf folgende grundsätzliche Empfehlung: „Die Teilnehmer(innen) des AK erkennen in der Praxis eine steigende Bedeutung der Wechselmodell-Thematik. Die Teilnehmer(innen) des AK befürworten, bei Betreuungsentscheidungen eine Betreuung im Wechselmodell – u.a. alters- und bindungsabhängig – in Erwägung zu ziehen. Der AK empfiehlt, sich mit den Ergebnissen aus der vorhandenen empirischen Forschung auseinanderzusetzen und begrüßt weitere Forschung auf diesem Gebiet.“ Die Empfehlungen des Familiengerichtstages sind wichtige Impulse, die auf Grund der Fachkompetenz der Teilnehmer in der Politik Beachtung finden. Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) engagiert sich seit Jahren für die gesetzliche Verankerung des Wechselmodells im Familienrecht. Mit dieser Empfehlung fühlt sich der Verband bestätigt.

      Das sogenannte paritätische Wechselmodell (Doppelresidenz) ist ein Betreuungsmodell für Kinder getrennt lebender Eltern, in dem die betroffenen Kinder viel Zeit bei jedem Elternteil leben und bei jedem Elternteil ein Zuhause haben. Beide Elternteile nehmen auch nach der Scheidung die elterliche Verantwortung wahr. Von einem Wechselmodell kann in der Regel gesprochen werden, wenn ein Elternteil mindestens 30 Prozent der Betreuung wahrnimmt.

      Weitgehend herrschte bei den Experten des AK Übereinstimmung darin, dass das Wechselmodell zwar sowohl das elterliche Sorge-, als auch das Umgangsrecht tangiert. Allerdings in Sachen Rechtssystematik dem elterlichen Sorgerecht zugeordnet werden muss.

      Was jedoch die Umsetzung des Wechselmodells in der Praxis anbelangt bestehen noch erhebliche Meinungsunterschiede. Dies spiegelt die Diskussion im Arbeitskreis wider. Eine knappe Mehrheit der Experten war der Auffassung, dass trotz der gesetzlichen Regelungslücke auch jetzt schon ein Wechselmodell mit paritätischer Zeitverteilung von 50 : 50 Prozent angeordnet werden kann.

      Umstritten ist auch die Frage, ob das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils / beider Elternteile angeordnet werden kann. Eine Mehrheit von 52 gegen 11 Nein-Stimmen, bei 11 Enthaltungen sprach sich für folgende Empfehlung aus: „Das Wechselmodell (paritätisch oder asymmetrisch) kann in geeigneten Fällen, nach kritischer Würdigung der Ablehnungsgründe, auch gegen den Willen eines Elternteils oder beider Elternteile (d.h. wenn beide den Lebensmittelpunkt bei sich beantragen) angeordnet werden. In diesen Fällen kann eine angemessene „Probezeit“ angeordnet werden.“

      Am heftigsten umstritten war und ist verständlicherweise die Frage, ob das Wechselmodell auch bei hohem Konfliktpotential zwischen den Eltern angeordnet

      werden sollte. Einige Experten fordern auch da die Anordnung eines Wechselmodells, jedoch mit einem detaillierten Betreuungsplan, in dem Konfliktsituationen wie Übergabe, Zeitverteilung genau geregelt sind.

      Offen blieb und bleibt die Frage, was passiert, wenn sich ein Elternteil nicht an den Betreuungsplan hält, bekommt dann der „Gutwillige“ die alleinige Sorge zugesprochen? Entspricht dies dann dem Kindeswohl? Wenn einer der Ehe-maligen nicht will, kann er mittels Sanktionen zur Besinnung aufs Kindswohl gebracht, mittels Mediation zum sanften Einlenken gebracht werden?-

      „Es darf auf jeden Fall nicht so bleiben, wie es immer noch viel zu oft vorkommt: Einer der Ehe-maligen sagt Nein, weigert sich zu kooperieren – und setzt sich mit dieser Haltung auch noch durch – bekommt „Recht“. Kinder verlieren deswegen immer noch viel zu oft den Kontakt zu einem Elternteil, meist zu den Vätern. Das hat mittelfristig auch Folgen für die Gesellschaft.“, kritisiert der ISUV-Bundesvorsitzende Josef Linsler fest.

      Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) hat im Juni 2013 Band 7 seiner Schriftenreihe mit dem Titel „Vom starren Residenzmodell zum individuellen Wechselmodell“ herausgegeben. Der Verband möchte mit dieser 80 seitigen Schrift einen Impuls für gelebte gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung geben.

      Die Schrift ist erhältlich Online und direkt bei der ISUV-Geschäftsstelle, Postfach 210107, 90119 Nürnberg, zum Selbstkostenpreis von € 7,00. Der Versand kann nur gegen Vorauskasse erfolgen, daher bitte Verrechnungsscheck oder Briefmarken im Wert der Bestellung beifügen.


      Kontakt


      Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV), ISUV-Bundesgeschäftsstelle, Postfach 210107, 90119 Nürnberg, Telefon 0911 550478, info@isuv.de
      ISUV-Bundesvorsitzender Josef Linsler, Ulrichstraße 10, 97074 Würzburg, Telefon 170 4589571, j.linsler@isuv-online.de