Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

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    • Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

      Guten Abend zusammen,

      der Vorstand möge mir bitte diese Eigenmächtigkeit verzeihen, da ich den folgenden Beitrag aber sehr wichtig finde und Einblicke in unsere Legeslative gebend, mache ich einen neuen Thread dazu auf. Hier nun das Zitat vom BuVo Josef Linsler, dessen Engagement ich sehr schätze:

      Original von Josef Linsler
      Hallo zusammen,

      Nun ist es soweit, nach dreimaligem Nachfragen liegt nun die "Beschlussempfehlung" des
      Petitionsauschusses vor.

      Bitte macht euch die Mühe und lest sie.

      Diese "Beschlussempfehlung" des Petitionsauschusse beruht auf einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz.

      Unsere Forderungen hier in Kurzform nochmals zusammengefasst:
      - Selbstbehalt entsprechend sozialrechtlichen Grundsätzen
      - Lohnabstandsgebot einhalten
      - Berücksichtigung individueller Umgangs- und Wohnkosten
      - transparente Berechnung des Selbstbehaltes
      - Berücksichtigung der individuellen Umgangskosten

      Was meint Ihr, was meinen Sie zu der Argumentation der Beschlussempfehlung, überzeugend, was fällt auf, was kann - ja was muss kritisiert werden?

      Ich möchte mich weiter dazu nicht äußern - erst im nächsten Report - wichtig ist die ungefilterte Meinung unserer User.

      Wir freuen uns auf eine breite und langfristige Stellungnahme.

      Beste Grüße
      Josef Linsler


      Die Antort des Ausschusses steht hier:
      forum.isuv.de/attachment.php?attachmentid=615

      Ich kann nur jedem empfehlen, die Antwort des Petitionsausschusses zu lesen und auch die Hinweise vom Chef. Mir hat es endgültig die Augen geöffnet, auf welchem Planet 'schland wir hier leben.

      Auch auf eure Interpretation gespannt

      Vevendo

      PS: Falls der Thread nicht i.O. ist, dann bitte löschen. Ich wollte nur vermeiden, dass er gerade im Nachgang zur bisher "besten" Petition, bezogen auf die Teilnehmerzahl von ca. 3.000 untergeht.

      The post was edited 1 time, last by VevendoVides ().

    • RE: Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

      Hallo,
      ich hab mir diese Ablehnung der Anpassung des Unterhaltsrechts an bundesdeutsche Realitäten durchgelesen, es erinnert mich an das Festklopfen und Legitimieren der Harz4-Regelsätze durch den deutschen Politik- und Beamtenapparat...man hat da einfach keinen Bock auf Rechnen, Mathematik, ...Volkswirtschaft, Haushaltsführung, Kinderbetreuungskosten sind ja auch nicht Thema oder Inhalt von Politik- oder Jurastudien.
      Die Verarmung dieses `schlandes wird auf vielen Ebenen vorangetrieben.
      Vorgestern gab´passend dazu in den Medien die Meldung, dass Deutschland weiterhin das geburtenarmste Land europaweit bleibt; Kinderfeindlichkeit drückt sich in vielen Ebenen aus: Eltern die Mittel für Umgangs- und Betreuungskosten zu verwehren ist eine davon.
      Zahlen darüber, was ein Kind bis zur Volljährigkeit real kostet, gab´s mal, wer die womit aber bezahlt, darüber möchte man keine Transparenz herstellen, jedenfalls nicht im juristischen Bereich, im politischen bisher auch wenig.
      Schade, aber kein Grund weiter dagegen zu halten.
      laonella
    • RE: Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

      Ja, wir kämpfen weiter für einen gerechteren, realistischeren Selbstbehalt:

      Selbstbehalt - der Gesetzgeber ist weiterhin gefordert

      Zentrale Forderung der Petition war es, der Selbstbehalt solle gesetzlich festgelegt werden. Für uns war und ist es wichtig, dass sozialrechtliche Grundsätze, das Lohnabstandgebot sowie individuelle Wohn- und Umgangskosten bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden.
      Diese Forderung ist jetzt vom Petitionsausschuss abgelehnt worden. Die Gründe überzeugen uns nicht, verteidigt wird nur der Status quo.
      Grundlage für die Stellungnahme des Petitionsausschusses ist ein Statement des Bundesministeriums der Justiz (BMJ). Dass das BMJ keinen Handlungsbedarf sieht und den Status quo rechtfertigt, ist zu erwarten.
      Wäre es anders, würde man indirekt eingestehen bisher untätig gewesen zu sein. - Im Übrigen kann aber zurecht erwartet werden, dass die juristisch erfahrenen Abgeordneten des Petitionsausschusses mit freiem Mandat auch freies - Ministerien unabhängiges - Denken und Handeln liefern. Das Ministerium behauptet, dass "der Selbstbehalt gesetzlich nicht festgeschrieben ist, sondern von dem zuständigen Gericht im Einzelfall zu ermitteln" ist. Das ist blauäugig.
      Das Problem ist doch, dass die Düsseldorfer Tabelle in der Rechtspraxis quasi Gesetzeskraft hat und entsprechend angewendet wird. Individueller Selbstbehalt ist die absolute Ausnahme. Zentrale Forderung des ISUV bei der Festlegung des Selbstbehaltes lautet: Einem/einer hart arbeitenden Unterhaltspflichtigen muss am Monatsende erheblich mehr bleiben als der Sozialhilfesatz. Der Gesetzgeber ist gefordert, die Festlegung des Selbstbehaltes ist eine sozialpolitische Frage keine juristische. Eines möchte ich in diesem Zusammenhang klarstellen, wir sind nicht der Auffassung, dass der Sozialhilfesatz zu hoch ist. Wir sagen nur ganz schlicht, wer arbeitet, dem muss einfach auch mehr bleiben, schließlich ist Arbeit auch mit Aufwendungen verbunden, die nicht einfach mit 150 EURO abgegolten sind.
      Mit besten Grüßen<br>
      Josef Linsler <hr>
      <br><br>
      <hr>

    • RE: Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

      Hallo zusammen,

      meine Fragen zu der Begründung der Ablehung. Zu mir: Ich bin schwerbehindert, beziehe eine volle Erwerbsminderungsrente und lebe in Hamburg. Die Fokussierung auf den "hart arbeitenden Unterhaltspflichtigen" irritiert mich.

      Frage 1: Wieso legt der Gesetzgeber beim ALG 2, der HzL (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder beim Wohngeld eine die regionalen Unterschiede berücksichtigende Höchstmiete zu Grunde, beim Selbstbehalt aber nicht?

      Frage 2: Wieso sind die Kosten für Unterkunft seit 2002 nicht angepasst worden, obwohl die Preise dafür um knapp 17% gestiegen sind? Stimmt die staatliche Statistik nicht oder waren die einbezogenen Kosten bisher zu niedrig?

      Frage 3: Der Wert von 210 Euro aus dem Existenzminimumsbericht 2010, S. 4 bezieht sich auf eine Wohnfläche von 30 qm². Für ALG 2 und Hilfe zum Lebensunterhalt gesteht der Gesetzgeber einer Person 45 qm² zu. Man erinnere sich: „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ... sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.“ Gilt das für Väter nicht?

      Frage 4: Warum beträgt der Selbstbehalt für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige seit dem 01.07.2005 unverändert 770 €, obwohl der Verbraucherpreisindex seit dem 01.01.2005 bis 2010 um 8,2% (63 Euro) ist?
      ?

      Die zugestandenen Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger
      Nebenkosten und Heizung von 360 Euro in der Düsseldorfer Tabelle sind seit dem 1.1.2002 unverändert.

      Der Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit weist für März 2011 pro Bedarfsgemeinschaft Leistungen für Unterkunft und Heizung folgende Beträge aus:

      Gesamt 329,26 €
      West 349,40 €
      Ost 290,12 €

      Die Schwankungsbreite zwischen Ost und Westdeutschland beträgt rund 18%. Die Kosten für die Unterkunft werden regional differenziert. Beispielsweise geht die Stadt Hamburg in der Fachanweisung zu § 22 SGB II vom 01.07.2007 (Gz.: SI 212/ 112.22-1-1-1, Punkt 2 und Punkt 4.5 zu den Höchstwerten der Kosten der Unterkunft) von einer eine maximalen Nettokaltmiete von 393,80 Euro für zentrale Stadtteile aus, und das auf Basis des Mietspiegels von 2007, also auf Basis einer 4 Jahre alten Statistik, obwohl der Mietenspiegel 2009 vorliegt.
      hamburg.de/fa-sgbii-kap03-22/1…-22-kdu-hoechstwerte.html

      Die Höchstbeträge beim Wohngeld sind ebenfalls regional differenziert. In der höchsten Mietstufe, also in teureren Städten, beträgt der Miethöchstbetrag 407 Euro (Bruttokaltmiete)

      In der Pressemitteilung Nr. 5/2010 vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) schreibt das Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen des ALG2 und der HzL: Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.“


      Der Verbraucherpreisindex für Wohnungsmiete, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe ist von 2002 (94,4) bis 2010 (110,1) um 16,6 % gestiegen. Hätte sich die Düsseldorfer Tabelle an diese Entwicklung angelehnt, müssten die Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung 420 € betragen.

      Der Wert von 230 € für die Bruttokaltmiete in der Begründung der Ablehnung der Petition entstammt aus dem Existenzminimumsbericht 2010, S. 4 und berücksichtigt eine Wohnfläche von 30 qm². Das sind nur 2/3 der Wohnungsgröße, die in den Ausführungsbestimmungen für ALG2 und HzL zugestanden wird (siehe BVG-Urteil zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums).
      Für Bezieher des ALG 2 bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt geht der Gesetzgeber von einer Höchstgrenze für Wohnraum von 45 qm² pro Person aus.

      Der Selbstbehalt beträgt für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige seit dem 01.07.2005 unverändert 770 €.
      Der Regelsatz für ALG 2 und HzL ist seit dem 01.07.2005 um 19 € gestiegen und wird Anfang 2012 voraussichtlich um weitere 10 € steigen.
      Der Verbraucherpreisindex ist seit dem 01.01.2005 bis 2010 um 8,2% gestiegen. Demnach müsste der Selbstbehalt derzeit 833 € Euro betragen, also 63 € mehr.

      (Verbraucherpreisindizes: destatis.de/jetspeed/portal/cm…mplateId=renderPrint.psml)


      Zuletzt: Das Statistische Jahrbuch weist für 2007 eine Armutsgefährdungsschwelle von 10.953 pro Jahr / 912 Euro pro Monat für alleine Lebende aus (22.8, Seite 558)
      amtliche-sozialberichterstattung.de/Tabellen/tabelleA2.html


      Das OLG Düsseldorf gibt die Tabelle mit der größten Auswirkung heraus, aber die OLG’s haben nicht einmal einheitliche Sätze. Der Vorsitzende Richter des Familiensenats Jürgen Soyka forderte selbst eine gesetzliche Regelung..

      wiwo.de/politik-weltwirtschaft…ht-ueberforderung-420229/

      Viele Grüße
      Tom

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    • RE: Diskussion zur Ablehnung der Petition zum Unterhaltsrecht (Verweis J. Linsler)

      Hallo zusammen,

      die Begründung zur Ablehnung der Petition kann auch nicht nachvollziehen. Wie schon geschrieben wurde, wäre die Petition angenommen worden, hätte man eingestehen müssen, dass das bisherige Vorgehen bei der Berechnung der Selbstbehalte Fehler aufweist.

      Meiner Meinung nach ist ein weiteres Angheben der Selbstbehalte, oder ein individuelles Anpassen der SB, wenig zielführend für barunterhaltspflichtige Elternteile. § 1603 (2) BGB hebelt doch jedliche Anpassung der SB nach oben wieder aus.

      Erwirtschaftet ein barunterhaltspflichtiges Elternteil ein unterhaltsrelevantes Einkommen von ca. 1.600€, ist es gerade noch in der Lage den Mindestunterhalt für zwei Kinder in den Altergruppen 2 und 3 zu leisten. Ihm verbleiben dann noch 994€.

      Würde dieser Unterhaltspflichtige nun eine Anpassung seines SB beantragen, um nur 100€, würde er damit zum Mangelfall werden.

      In dem Fall würde man ihn sofort an seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit erinnern. Dann geht der Ärger in vielen Fällen doch erst richtig los. Nach § 1612a BGB wird schleißlich gesetzlich der Mindestunterghalt gefordert und in Verbindung mit § 1603 (2) BGB.... na ja ihr wisst es selber.

      Eine Anhebung, oder individuelle Anpassung der SB, würde doch nur die Anzahl der Mangelfälle erhöhen.

      In meiner "Karriere" als Unterhaltspflichtiger ist es erst einmal vorgekommen, dass sich die Beträge der DDT nach untern oreintiert haben. Das war damals mit Einführung der Regelbedarfverordnung. Da reduzierte sich der zu leistende Unterhalt, in meinem Fall, um 1€.

      Mit Einführung des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB ging die Steigerung der Unterhaltsbeträge wieder weiter. Dieses gipfelte 2010 in der Anhebung des Kinderfreibetrages und den damit verbundenen Folgen für alle barunterhaltspflichtigen Elternteile.

      Meiner Meinung nach sollte die Berechnung der Unterhaltsbeträge anders geregelt werden.

      Es kann nicht richtig sein, dass ein unterhaltsberechtigtes Kind sowohl an der allgemeinen Preissteigerung partizipiert (durch Anhebung der Tabellenbeiträge) als auch am steigenden Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. In intakten Familien kann auch nur das für ein Kind verwendet werden, was als Falilieneinkommen zur Verfügung steht. Und das ändert sich eben auch nur durch Einkommensteigerungen.

      Vielleicht ein feststehender prozentualer Anteil am Einkommen des Unterhaltspflichtigen. Die Unterhaltsbeträge würden sich in dem Fall nur dann erhöhen, wenn sich auch das Einkommen erhöht.

      Nachdenkliche Grüße diva
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