Angepinnt Scheidungkosten - nachträglich absetzbar, trotz rechtskräftig gewordenen EkSt-Bescheides

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Scheidungkosten - nachträglich absetzbar, trotz rechtskräftig gewordenen EkSt-Bescheides

      Hat ein Steuerzahler Scheidungskosten aus Unwissenheit für steuerlich nicht absetzbar gehalten und deshalb versäumt, in der Steuererklärung entsprechende Angaben zu machen, kann der bereits rechtskräftig gewordene Einkommenssteuerbescheid noch nachträglich korrigiert werden. Nach Auffassung des Finanzgerichts Baden Württemberg kann einem Steuerzahler kein grobes Verschulden angelastet werden, wenn er die Anleitung zur Einkommensteuererklärung nicht oder nicht vollständig durchgelesen hat. ( Az 14 K 265108 )

      Quelle: ISUV Report 104 (Juni 2005/2)
    • Exkurs Scheidungskosten - auch nachträglich

      Grundsätzliches

      Kosten der Ehescheidung

      Neben den Unterhaltszahlungen und der Auseinandersetzung des ehelichen Vermögens ist die Scheidung auch sonst mit enormen Kosten, insbesondere mit Anwalts- und Gerichtskosten, verbunden. Der Gesetzgeber hat mit den Betroffenen insoweit ein Einsehen, als neben den Unterhaltsleistungen die Kosten für einen Scheidungsprozess steuerlich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Da eine Ehe nur durch ein Urteil des Familiengerichts geschieden werden kann, entstehen die Prozesskosten zwangsläufig. Die Gerichtskosten und die mit dem Scheidungsprozess zusammenhängenden Rechtsanwaltskosten werden somit als außergewöhnliche Belastungen gemäß §§ 33 ff. EStG steuerlich anerkannt.

      Wichtig

      Die Finanzverwaltung übernimmt bezüglich der Kostenverteilung die richterliche Kostenentscheidung. Sofern vom Gericht entschieden wurde, dass ein Ehegatte die Scheidungskosten zu tragen hat, kann dieser die Ausgaben für den Scheidungsprozess vollständig steuerlich geltend machen. Treffen die beiden Parteien allerdings eine private Vereinbarung und übernimmt der andere Ehegatte freiwillig die Kosten, obwohl er per Gerichtsbeschluss nur verpflichtet gewesen wäre, die Hälfte der Verfahrenskosten zu übernehmen, können von ihm auch nur die hälftigen Gerichtskosten steuerlich geltend gemacht werden.
      Scheidungskosten werden auch dann als außergewöhnliche Belastung steuerlich anerkannt, wenn z. B. aufgrund einer Versöhnung der Ehegatten doch keine Scheidung der Ehe erfolgt.

      Ebenfalls als Kosten der Ehescheidung gelten die Kosten für ein sog. Mediationsverfahren, sofern das Ergebnis dieses Verfahrens in einem notariell beglaubigten Vertrag festgehalten wird und die Ehe im Anschluss an das Mediationsverfahren tatsächlich geschieden wird. Bei einem Mediationsverfahren werden die Scheidungsfolgeregelungen vorab in einem außergerichtlichen Vergleich durch die Ehegatten gemeinsam vereinbart. Das Ergebnis wird in Form einer Scheidungsvereinbarung festgehalten und i. d. R. notariell beurkundet. Auf der Basis dieser Vereinbarung kann die gerichtliche Ehescheidung erfolgen. Das Mediationsverfahren dient der Reduzierung des finanziellen Aufwands der Ehescheidung, da langwierige anwaltliche Auseinandersetzungen vermieden werden können.

      Außer den beschriebenen Anwalts- und Gerichtskosten des Scheidungsprozesses sind keine weiteren Aufwendungen, die im direkten Zusammenhang mit der Scheidung stehen, als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig.
      Der Abzug von außergewöhnliche Belastungen ist nicht unbegrenzt möglich, da es der Gesetzgeber für zumutbar hält, dass der Steuerpflichtige einen Teil der Aufwendungen selbst trägt. In § 33 Abs. 3 EStG ist geregelt, welcher Prozentsatz vom Gesamtbetrag der Einkünfte als zumutbare Eigenbelastung angesehen werden kann. Die folgende Tabelle stellt die gesetzlichen Grundlagen zur Ermittlung der zumutbaren Belastung dar.

      Folgekosten der Ehescheidung

      Neben den Kosten des Ehescheidungsverfahrens sind die Folgekosten der Ehescheidung als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig. Es handelt sich dabei um Verfahrenskosten vor dem Familiengericht, die als Folge der Scheidung der Ehegatten entstanden sind. Familiensachen können z. B. sein:
      Streitigkeiten um
      • Unterhaltspflichten,
      • die elterliche Sorge, den persönlichen Verkehr mit dem Kind oder dessen Herausgabe,
      • den Versorgungsausgleich,
      • bestimmte Regelungen des Zugewinnausgleichs.
      Scheidungssachen und Scheidungsfolgesachen sind nach der Zivilprozessordnung zur einheitlichen Verhandlung verbunden. Da Scheidungskosten steuerlich als zwangsläufig anzusehen sind, gilt diese Einschätzung ebenfalls für die Folgekosten der Ehescheidung.



      Und hier noch ein Kommentar zu einem Urteil aus der letzten Zeit:


      Berücksichtigung von Scheidungskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen als neue Tatsachen.

      Leitsatz

      Hat eine steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige Scheidungskosten für steuerlich nicht abziehbar gehalten und deswegen nicht in ihrer Steuererklärung geltend gemacht, so können die bestandskräftig gewordenen Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden.

      Sachverhalt

      Nach Ergehen der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 beantragte die Klägerin die Änderung dieser Bescheide, da noch Scheidungskosten dieser Jahre als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Sie sei davon ausgegangen, dass Scheidungskosten generell nicht absetzbar seien und habe erst später erfahren, dass die Scheidungskosten in ihrem Falle abzugsfähig seien. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass eine Änderung der Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht möglich sei.

      Entscheidung

      Nach Auffassung des Finanzgerichtes trifft die Klägerin kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen. Grob fahrlässig im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt der Steuerpflichtige, der eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht, unvollständig oder falsch beantwortet. Nach Auffassung der Verwaltung (AEAO zu § 173, Tz. 5.1.2) soll grobes Verschulden u.a. dann angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige ausdrückliche Hinweise in ihm zugegangenen Merkblättern nicht beachtet. In den Steuererklärungen 2000 und 2001 waren in Zeile 116 des Vordrucks keine Hinweise darüber enthalten, was unter anderen außergewöhnlichen Belastungen zu verstehen ist und auch in der Anleitung zu den Steuererklärungen ist im Stichwortverzeichnis nicht der von dem Finanzamt benutzte Begriff der Scheidungskosten enthalten. Wenn die Klägerin demzufolge im Inhaltsverzeichnis den Begriff der Scheidungskosten nicht findet, kann ihr kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass Sie nicht auch nach dem Stichwort der "Ehescheidungskosten" gesucht hat. Da die Klägerin weder eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellt Frage nicht beantwortet hat, noch ihre Sorgfaltspflicht beim Durchlesen der Erläuterungen verletzt hat, ist die Nichtgeltendmachung der Scheidungskosten nicht grob fahrlässig erfolgt, und die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 ist nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zulässig.

      Hinweis

      Das FG musste im Streitfall nicht entscheiden, ob die Tatsache, dass die Klägerin aus zeitlichen Gründen die Erläuterungen zur Steuererklärung nicht gelesen hat, als grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO anzusehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist in diesem Fall ein grobes Verschulden anzunehmen (BFH, Urteil v. 29.6.1984, VI R 181/80, BStBl 1984 II S. 693). Änderungsanträge sollten daher wenn möglich so begründet werden, dass weder in den Erklärungsvordrucken, noch in den Erläuterungen ein entsprechender Hinweis auf die steuerliche Behandlung der nachträglich geltend gemachten Aufwendungen enthalten ist.

      FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2004, 14 K 265/03

      Autor/in
      Dipl. Finanzwirt Georg Schmitt



      Liebe Grüße
      Mellipop

      Quellen: Haufe
      Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile..........

      Meine Auskünfte sind nur Denkanstöße und nicht rechtsverbindlich. Für eine ausführliche Beratung suchen Sie bitte einen Steuerberater vor Ort auf.
    • RE: Exkurs Scheidungskosten - auch nachträglich

      Hallo zusammen,

      hierzu muss noch etwas wichtiges ergänzt werden:

      Die abzugsfähigen Sonderausgaben/Sonderbelastungen werden erst ab 4% des Bruttojahreseinkommens (so zumindest mein letzter Stand, korrigiert mich, wenn's nicht mehr stimmt) wirksam, denn das Finanzamt hält Sonderbelastungen i.H.v. 4% des Bruttojahreseinkommens für zumutbar.

      Wer eine Software für die Berechnung der EkSt nutzt, kann das direkt mal ausprobieren: wenn man Euro 100,- als Sonderbelastung eingibt, ändert sich am Bescheid in der Mehrzahl der Fälle nichts, weil diese Euro 100,- noch unter den 4% liegen. Erst bei höhren Beträgen, wenn diese 4%-Grenze überschritten wird, passiert etwas - und auch nur wenig.

      Was bedeutet das für die Praxis?

      1. Nicht davon ausgehen, dass sich automatisch der Steuererstattungsbetrag erhöht (bzw. die Steuerschuld mindert), wenn man die Anwaltsrechnungen etc. einreicht!

      2. Wenn sich ein Scheidungverfahren lange hinzieht, sagen wir mal: über zwei Steuerjahre, dann teilen sich die Gesamtkosten des Verfahrens i.d.R. auf diese Jahre auf (Rechtsanwalt schickt z.B. mehrere Rechnungen). Da ist es dann schnell passiert, dass man jedes Jahr UNTER dem Betrag bleibt, ab dem eine steuermindende Wirkung eintritt - das Einreichen der RA-Rechnung "wirkt" gar nicht.
      Wer mit dem Anwalt vereinbart, dass es eine Gesamtrechnung gibt, reicht dann nur in einem Jahr was ein, hat aber dadurch höhere Chancen, daraus eine Erstattung zu erwirken (bzw. erwirkt eine insgesamt höhere Erstattung).

      Grüße,

      der Ingo Nöhr
    • RE: Scheidungkosten - nachträglich absetzbar, trotz rechtskräftig gewordenen EkSt-Bescheides

      Hallo an Alle,
      hier muß im Hinblock auf die neuere Rspr. des BFH eine ganz entscheidende Änderung beachtet werden:

      Nach dem Urteil des BFH vom 30.06.2005, Az: III ZR 27/04, werden nur noch diejenigen Kotensten des Gesamtverfahrens als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, die mit der eigentlichen Ehescheidung im sogenannten "Zwangsverbund" stehen.

      Das ist nach derzeitiger Rechtslage nur noch der sogenannte Versorgungsausgleich, weil über ihn zwingend von Amts wegen zu entscheiden ist. Nur sie sind nach Auffassung des BFH zwangsläufig. In den meisten Fäller wird es dazu führen, dass eine Steuerersparnis nicht mehr eintritt, wie die auf diese Verfahrensteile in vielen Fallen unter dem sogenannten zumutbaren Eigenanteil liegt.

      Ein "Steuerschlupfloch" ist damit gestopft.

      MfG
      Prinzip
    • Benutzer online 1

      1 Besucher