Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

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    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Moin Wolfgang,

      vor einiger Zeit wollte ich einmal herausfinden, was denn nun tatsächlich "eheähnliche Gemeinschaft" bedeutet. Dabei bin ich bei unseren höchsten Gerichten fündig geworden. Was ich fand, steht im krassen Widerspruch zu dem, was die ARGEn in ihren Ausführungsvorschriften verewigt haben.

      Die ARGEn können dies allein deswegen tun, weil die Betroffenen i.d.R. unwissend sind. Die Betroffenen nehmen an, weil sie als Paar (nicht als Ehepaar) zusammenleben, bilden sie automatisch eine "eheähnliche Gemeinschaft". Jedoch ist die "eheähnliche Gemeinschaft" nicht dadurch begründet, dass man zusammenlebt oder das Bett in jeglicher Hinsicht teilt. Der Schlüssel zur "eheähnlichen Gemeinschaft" ist das füreinander Einstehen in allen Lebenslagen, insbesondere auch in monitärer Hinsicht.

      Indiz hierfür ist die Überlassung hochwertiger Wirtschaftsgüter wie beispielsweise ein KFZ. Weitere Indizien sind gegenseitige Testamente, gemeinsame Konten oder gegenseitige Vollmachten, gegenseitige Begünstigungen in Lebensversicherungen, gegenseitige Patientenverfügungen etc.

      Wenn solche Gegebenheiten also nicht bestehen, wenn darüber hinaus das finanzielle Einstehen schriftlich bestritten wird, besteht definitiv keine "eheähnliche Gemeinschaft".

      Für mich ist der Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" ein Ausdruck der Unfähigkeit unserer Politiker und ein staatlich geförderter Betrug.

      Stell dir einmal vor, du gehst zum Obsthändler und möchtest vier Äpfel kaufen. Zu Hause angekommen stellst du fest, dass du statt der Äpfel Birnen erhalten hast. Natürlich gehst du zurück und stellst den Obsthändler zur Rede. Der erwidert aber, die Birnen haben die gleiche Farbe und eine ähnliche Form wie die Äpfel, sind also "apfelähnlich" und damit hat er das Recht, dir statt der Äpfel Birnen zu geben. Du weist natürlich auf die Äpfel hin, die noch im Regal liegen, aber darauf erwidert der Obsthändler, die werden nur an Aktionäre ausgegeben.

      Hier noch die Gesetzestexte der wichtigsten Gerichte zum Thema "eheähnliche Lebensgemeinschaft":

      Gruß
      Holger

      Was verstehen die einzelnen Gerichte unter dem Begriff "eheähnliche Gemeinschaft".

      Bundesverfassungsgericht:

      Mit dem Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" in § 137 Abs. 2 AFG ist bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau gemeint, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
      Gemeinschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern oder Verwandten fallen nicht unter diesen Begriff.

      o BVerfG, Urt. v. 17.11.1992 - 1 BvL 8/87; BVerfGE 87, 234; NJW 1993, 643; JZ 1993, 144, mit Anm. Seewald, Otfried, 148

      Bundesgerichtshof:

      Eine eheähnliche Gemeinschaft setzt eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau voraus, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Gleichgeschlechtliche und ihrer Art nur vorübergehend angelegte Partnerschaften scheiden damit von vornherein aus.

      o BGH, Urt. v. 13.01.1993 - VIII ARZ 6/92; BGHZ 121, 116; NJW 1993, 999; JZ 1993, 950, mit Anm. Medicus, Dieter, 952, JR 1993, 503, mit Anm. Haase, 506, Heinz, Karl Eckhart, JR 1994, 89; ZMR 1993, 261, m. Anm. Merschmeier, Andreas, ZMR 1994, 13; FuR 1993, 156, mit Anm. Finger, Peter, 159

      Bundesverwaltungsgericht:

      Eine eheähnliche Gemeinschaft i.S.d. § 122 Satz 1 BSHG liegt nur dann vor, wenn sie als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und sich - im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft - durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner für einander begründen (im Anschluss an BVerfGE 87, 234 [264 f.] - Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).

      o BVerwG, Urt. v. 17.05.1995 - 5 C 16.93; BVerwGE 98, 195; NJW 1995, 2802; DÖV 1995, 865; DVBl. 1995, 1184; FamRZ 1995, 1352; ZfSH/SGB 1995, 640; FEVS 1996, 1; MDR 1996, 216; Anm. Schellhorn in FuR 1995, 311

      Bemerkenswert erscheinen auch folgende Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (201/202):

      „In Anbetracht der Rechtsprechung einiger Oberverwaltungsgerichte (vgl. ...), dem Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sei der Einwand abgeschnitten, er unterstütze den bedürftigen Partner nur vorschussweise anstelle des nicht oder nicht rechtzeitig leistungsbereiten Sozialhilfeträger (zur grundsätzlichen Beachtlichkeit dieses Einwands im Sozialhilferecht vgl. BVerwGE 90, 154 [156]; 98, 18 [19 f.]), sieht sich der Senat shließlich zu folgendem Hinweis veranlasst: Die Intention, bedarfsdeckende Leistungen für den Lebensunterhalt eines anderen nur vorschussweise im Wege der „Nothilfe“ anstelle des Sozialhilfeträgers zu erbringen, ist unvereinbar mit der Annahme einer eheähnliche Gemeinschaft. Denn diese ist geprägt durch das Sich-füreinander-verantwortlich-Fühlen, durch innere Bindungen von einer Intensität, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner auch für den Lebensunterhalt des anderen als selbstverständlich erscheinen lassen. Ist der vermögende Partner hierzu nicht bereit, sondern allenfalls zu einer darlehensweisen Überbrückungshilfe, so besteht - wie im Falle der Verwendung des Einkommens ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen (BVerfGE 87, 234, 8265]) - eine eheähnliche Gemeinschaft noch nicht oder nicht mehr.“

      * siehe dazu:

      o OVG Mannheim, Urt. v. 14.04.1997 - 7 S 1816/95; FEVS 1998, 29; ZFSH/SGB 1998, 471

      o OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.01.1998 - 12 M 345/98; FEVS 1998, 545

      o OVG Saarlouis, Beschl. v. 03.04.1998 - 8 V 4/98; FEVS 1998, 557

      o VGH München, Beschl. v. 01.07.1998 - 12 CE 98.1061; FEVS 1999, 107

      o OVG Schleswig, Beschl. v. 02.01.2002 - 2 M 104/01; FEVS 2003, 166

      o VGH München, Beschl. v. 16.01.2002 - 12 CE 01.2310; FEVS 2002, 550; BayVBl. 2003, 179

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    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Hallo,

      das Problem ist, dass verwaltungsrechtlich die Bedarfsgemeinschaft anders definiert wird als die eheähnliche Gemeinschaft (familienrechtlich). Die Berechnungsprogramme der Hartz iV Behörden sind darauf eingestellt, im Falle eines Zusammenziehens eben eine Bedarfsgemeinschaft zu definieren. Ich halte das für "Schwachsinn", denn es kann ja wohl nicht sein, dass familienrechtliche Entscheidungen durch Verwaltungsvorschriften "ausgehebelt" werden. Aber im Augenblick wird es zumindest im Grossraum Frankfurt so gehändelt.
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Moin evira,

      Original von evra
      Hallo,

      das Problem ist, dass verwaltungsrechtlich die Bedarfsgemeinschaft anders definiert wird als die eheähnliche Gemeinschaft (familienrechtlich). Die Berechnungsprogramme der Hartz iV Behörden sind darauf eingestellt, im Falle eines Zusammenziehens eben eine Bedarfsgemeinschaft zu definieren.


      Verwaltungsrecht darf nicht das Recht des BGH oder BVerfG brechen. Darüber hinaus sieht es das BVG (Bundesverwaltungsgericht) ebenso wie der BGH.

      Und die Tatsache, dass die Behörden schlechte oder nicht bedarfsgerechte Software einsetzen, darf nicht zu Lasten der Bedürftigen gehen.

      Ich kann meinen Gläubigern auch nicht sagen, mein Internetanschluss funktioniert nicht mehr und damit kann ich euch kein Geld mehr überweisen. Und weil ich das Geld nicht überweisen kann, verliert ihr den Anspruch darauf.

      Sieht es nicht so aus, dass ich dann andere Wege suchen muß, meine Schuld zu begleichen? So wie früher zur Bank laufen, Überweisungsträger ausfüllen und die Zahlung so auf den Weg bringen?

      Wenn die Behörde es mit dem Programm nicht kann, muß sie es halt händisch oder per Kalkulationstabelle ermitteln. Punkt und aus.

      Gruß
      Holger

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    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Hallo,

      ich denke mal es wurde hier ganz einfach der Terminus dahingehend abweichend der auch m.E. eindeutigen Entscheidungen geändert.

      Hier stehen zwei Begriffe im Raum:
      • eheähnliche Gemeinschaft
      • Bedarfsgemeinschaft

      mit letzterem werden sicherlich die Entscheidungen "ausgehebelt" !
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Hallo Holger,

      ich weiss nicht, warum Du so agressiv reagierst. Ich habe ja nicht gesagt, dass ich die Vorgehensweise der Behörde richtig finde.

      Und Dein Hinweis darauf, dass dann eben von Hand zu rechnen sei, wenn denn das Programm nicht richtig ist, geht ein wenig an der Praxis vorbei. Die Fall-Manager sind angewiesen, ausschliesslich über die Programme zu gehen, eine Abänderung ist dem Fall-Manager nicht möglich. Traurig, aber ist nun mal so.

      Die von Dir zitierten Urteile sind schön und gut, aber alle aus Zeiten vor ALG II. Also andere Situation. Und Bedarfsgemeinschaften gibt es nun einmal erst seit dem 1. Januar 05. Erst seitdem haben wir uns mit der aktuellen Definition der Bedarfsgemeinschaft rumzuschlagen.

      Ich habe jetzt die ersten Fälle vorm Sozialgericht hier, Ende der Verfahren voraussichtlich ......nächstes oder übernächstes Jahr.
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Moin evira,

      Original von evra
      ich weiss nicht, warum Du so agressiv reagierst.


      Sorry, agressiv bin ich allenfals dem Thema gegenüber, jedoch in keiner Weise deiner Person gegenüber.


      Und Dein Hinweis darauf, dass dann eben von Hand zu rechnen sei, wenn denn das Programm nicht richtig ist, geht ein wenig an der Praxis vorbei. Die Fall-Manager sind angewiesen, ausschliesslich über die Programme zu gehen, eine Abänderung ist dem Fall-Manager nicht möglich. Traurig, aber ist nun mal so.


      Damit will ich sagen, dass das, was die ARGEn machen, falsch ist und jedwegen Regeln des menschlichen Zusammenseins widersprechen. Ich will damit aber auch sagen, dass wir das mit uns geschehen lassen und dass wir uns mit allen (legalen) Mitteln zur Wehr setzen müssen.


      Die von Dir zitierten Urteile sind schön und gut, aber alle aus Zeiten vor ALG II. Also andere Situation. Und Bedarfsgemeinschaften gibt es nun einmal erst seit dem 1. Januar 05. Erst seitdem haben wir uns mit der aktuellen Definition der Bedarfsgemeinschaft rumzuschlagen.


      Macht es das Handeln der ARGEn nicht noch schlimmer? Sie kennen also (schon lange) die höchstrichterlichen Definitionen der "eheähnlichen Gemeinschaft". Dennoch schicken sie Sozialdetektive in die Wohnungen von Hilfsbedürftigen,schnüffeln in Kleiderschränken und Bettkästen, um "eheähnliche Gemeinschaft" festzustellen, obwohl sie wissen, dass sie durch Inaugenscheinnahme gar nicht erkennen können, ob es sich um eine "eheähnliche Gemeinschaft" handelt. Dem Hilfsbedürftigen sagen sie, dass sie das Recht dazu haben, sonst können Leistungen verwehrt werden. Wie vereinbart sich dies aber mit Artikel 13 GG?

      Artikel 13
      [Unverletzlichkeit der Wohnung]

      (1) Die Wohnung ist unverletzlich.

      (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.


      hier werden also vorsätzlich (denn die Urteile zur Definition der "eheähnlichen Gemeinschaft" sind ja entsprechend alt) Rechtsbruch durch die ARGEn betrieben. (Und das ist nur ein Beispiel von vielen)

      Nun will man volljährigen Azubis Leisungen verweigern, wenn sie aus dem Elternhaus auziehen. Wenn die damit durchkommen, haben wir einen erneuten Bruch mit dem GG.

      Artikel 11
      [Freizügigkeit]
      (1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

      in Verbindung mit:

      Artikel 3
      [Gleichheit vor dem Gesetz; Gleichberechtigung von Männern und Frauen; Diskriminierungsverbote]
      (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.


      Gruß
      Holger
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Moin Schräng,

      die Urteile bezüglich "eheähnliche Gemeinschaft stammen m.E. aus der Sozalhile-Rechtsprechung. Das Thema hat sich von Grundsatz her nicht geändert, sondern nur verlagert. Ich habe nichts gegen die Bedarfsgemeinschaft; sie hat ihre Berechtigung. Es wurde keinesfalls der Terminus geändert. Im Gesetz steht:

      § 7 SGB II

      (2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

      (3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

      die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt,


      Gruß
      Holger
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Holger, nochmals:

      Die Bedarfsgemeinschaft wird anders definiert als die eheähnliche Gemeinschaft. Dadurch haben wir ja das Auseinanderdriften. Habe durch Zufall die vollständigen Arbeitsanweisungen für die Sachbearbeiter (Fall-Manager) da, herausgegeben von der ARGE. Daraus ergibt sich der völlig andere Ansatzpunkt.

      Und was der von Dir zitierte Artikel der Freizügigkeit hier zu suchen hat, erschliesst sich mir nicht. Selbstverständlich kann jeder Deutsche (volljährig) sich völlig frei im gesamten Bundesgebiet bewegen, halt nur nicht auf Kosten der Allgemeinheit.

      Dass da vieles noch nicht ausgegoren ist, da stimme ich Dir zu. Die, die von Berufs wegen (wie ich) viel mit diesen Sachen zu tun haben, arbeiten ja dran.
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Hallo evra,

      Original von evra
      Und Bedarfsgemeinschaften gibt es nun einmal erst seit dem 1. Januar 05. Erst seitdem haben wir uns mit der aktuellen Definition der Bedarfsgemeinschaft rumzuschlagen.


      Diese Aussage ist definitiv falsch. Die Bedarfsgemeinschaft gab es bereits zu Zeiten der Sozialhilfe. Und bereits damals wurden sog. eheähnl. Gemeinschaften zu Bedarfsgemeinschaften erklärt und somit Leute für einander unterhaltspflichtig gemacht, die es eigentlich gar nicht waren.

      Nur war die Sozialhilfe für die meisten Bürger so weit von ihrer Realität entfernt, dass sie kaum einen Gedanken daran verschwendet haben, weil "soweit konnte man ja gar nicht sinken." Beim ALGII stellt nun plötzlich jeder fest, dass ihn davon ganz genau 12 Monate trennen.

      Weiter schreibst du, dass eheähnl. Gem. etwas völlig anderes seien als Bedarfsgemeinschaften. Nun, nicht jede Bedarfsgemeinschaft ist eine eheähnl. Gemeinschaft, jede eheähnliche Gemeinschaft jedoch eine Bedarfsgemeinschaft.

      Fakt ist, wie Holger bereits schrieb, dass eine sog. eheähnl. Gemeinschaft sich durch die Bereitschaft auszeichnet, auch finanziell füreinander einzustehen. Dies lässt sich jedoch nicht anhand von zu zählenden Zahnbürsten und zerwühlten Kissen festmachen. Mit der derzeitigen Berichterstattung werden Bürger gezielt eingeschüchtert und ihnen glauben gemacht, dass sie verpflichtet sind, wildfremde Menschen in ihre Wäscheschubladen und Bettkästen schauen zu lassen. Diese Einschüchterungsmethode ist derart gediehen, dass Leute, die sich ihrer Grundrechte bewusst sind und sich auf "Hausbesuche" nicht einlassen kriminalisiert und mit Parasiten gleichgesetzt werden. Darum ist es immens wichtig, an Orten wie diesen die Menschen auf ihre Rechte und auf den Missbrauch mit den sog. eheähnl. Gemeinschaften hinzuweisen.

      Drum merke: Nicht jeder, der in einer Liebesbeziehung die Wohnung teilt ist eine eheähnl. Gemeinschaft!

      Gruß
      Antje
      Engstirnige Menschen sind wie Flaschen mit einem engen Hals; je weniger darin ist, desto mehr Geräusch entsteht beim Ausschütten. (Jonathan Swift)
    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Moin evra

      Original von evra
      Die Bedarfsgemeinschaft wird anders definiert als die eheähnliche Gemeinschaft. Dadurch haben wir ja das Auseinanderdriften. Habe durch Zufall die vollständigen Arbeitsanweisungen für die Sachbearbeiter (Fall-Manager) da, herausgegeben von der ARGE. Daraus ergibt sich der völlig andere Ansatzpunkt.


      Zum Thema Bedarfsgemeinschaft bzw. "eheähnliche Gemeinschaft" habe ich meinen bzw Antjes Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen. Interessanter wird es aber beim Thema "Arbeitsanweisungen", die mir unter dem Begriff Ausführungsbestimmungen geläufig sind und mir (in Teilen?) vorliegen. Mein Exemplar ist vom 10.01.2006 *) und somit recht aktuell. Hier die Anweisungen zu o.g. Thema:

      (3) Eine eheähnliche Gemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann, die so eng ist, dass sie von den Partnern ein gegenseitiges Einstehen im Bedarfsfall erwarten lässt (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft). Indizien sind insbesondere eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die gemeinsame Betreuung und Versorgung von Kindern im Haushalt sowie die wechselseitige Befugnis, über das gemeinsame tägliche Wirtschaften hinaus über Einkommens- und Vermögensgegenstände des Partners zu verfügen. Eine ehe-ähnliche Gemeinschaft kann nur als aufgelöst angesehen werden, wenn das Zusammenleben in einer Wohnung tatsächlich beendet wird.

      Hier wird deutlich, dass zunächst der Text aus höchst richterlicher Rechtsprechung übernommen wir. Die Abwandlung vom Original wird aber schnell deutlich, wenn der Begriff "Bedarfsfall" im Text der Ausführungsbestimmungen auftaucht. Danach wird es regelrecht abenteuerlich. So ließt man in den Bestimmungen, dass eine Zweckgeimeinschaft und eine Wirtschaftsgemeinschaft ein Indiz für eine "eheähnliche Gemeinschaft" sein soll. Doch genau das ist eben nicht der Fall. Der Letzte Satz wird zum blanken Hohn. Nicht der Wegfall der Bedingungen, nein, nur der Auszug aus der gemeinsamen Wohnung beendet eine "eheähnliche Gemeinschaft"


      Und was der von Dir zitierte Artikel der Freizügigkeit hier zu suchen hat, erschliesst sich mir nicht. Selbstverständlich kann jeder Deutsche (volljährig) sich völlig frei im gesamten Bundesgebiet bewegen, halt nur nicht auf Kosten der Allgemeinheit.


      Zunächst schrieb ich "in Verbindung mit § 3 GG"

      Der Gesetzgeber hat ja auf Grund der verfassungsrechtlichen Bedenken das SGB II hinsichtlich Azubis (und Einkommenlose) im Alter zwischen 18 und 25 so gestaltet, wie es derzeit angewandt wird. Erst durch die Kostenexplosion taucht das Thema erneut auf (auch das stammt ja tatsächlich aus Zeiten der Sozialhilfe).

      Das eigentliche Problem liegt darin, dass der 24 jährige sanktioniert werden soll, er jedoch 1 Jahr später nicht mehr sanktioniert werden würde. Der Gesetzgeber müßte schon die Volljährigkeit auf 25 setzen, um seinen Willen verfassungskonform durchzusetzen.
      Doch wer will eigenlich seine 24 jährigen Kinder noch in seinem Haushalt haben wollen?

      Gruß
      Holger

      *) Datum erneut geändert
      [war ursprünglich aus Versehen mit 10.06.2006 angegeben, erst wurde nur die Jahreszahl auf 2005 geändert, nun sollte es stimmen]
      MfG Monika

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    • RE: Hartz4: Eheähnliche Gemeinschaft erst nach einem Jahr

      Liebe Antje,

      natürlich gab es die Bedarfsgemeinschaft schon vorher, wurde aber anders definiert. Das ist das Problem, dass wir Praktiker da haben. Ich sage ja nicht, dass ich die Art und Weise, wie das im Augenblick gehandhabt wird, in Ordnung finde. Ich will nur nicht, dass sich jemand falsche Hoffnungen macht.

      Und was die "Kinder" bis 25 angeht: solange sie in der Ausbildung sind, haben die Eltern ja durchaus die Möglichkeit, darauf zu bestehen, dass diese die kostengünstige Variante des "Hotels Mama" zu nutzen haben. Wenn die Eltern das nicht wollen, dann muss eben gegebenenfalls ergänzender Unterhalt gezahlt werden. Aber ich sehe nicht ein, dass diese Form der grenzenlosen Selbstverwirklichung vom Steuerzahler finanziert wird. Da gehe ich (ausnahmsweise) mal mit den Behörden konform. Und da ist auch kein grosser Unterschied zwischen Familienrecht und Sozialrecht ersichtlich.
    • Hallo zusammen,

      ihr macht hier einen Hickhack, was nun eheähnliche Gemeinschaft oder Bedarfsgemeinschaft ist.
      Es ist doch eher traurig was das Gesetz mit uns so machen kann.
      Da wird das volle Gehalt vom Partner angerechnet und es wird noch nicht einmal berücksichtigt was der vielleicht noch für Schulden oder Verpflichtungen hat. Klar, hat er einen Freibetrag von 170€, das ist vielleicht schon einmal ein Teil der Fahrkosten die er hat. Aber davon ist das Auto noch nicht ganz abgedeckt oder bezahlt, was der Partner nun mal für die Arbeit braucht.
      Da ist es doch nun egal, ob eheähnliche Gemeinschaft oder Bedarfsgemeinschaft, bei beiden wird die gleiche Berechnung gemacht.
      Am Ende wird man doch sowieso gezwungen, sich vom Partner zu trennen oder zu heiraten.

      Für das Urteil möchte ich mich doch noch bedanken , also danke schön Wolfgang

      LG Star